Zukunftsprognosen: Wie werden Medizinprodukte zukünftig reguliert?

  • Von Volker Watzke
  • Mai 05, 2020
  • Life-Sciences
  • Medizinische Geräte
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Wie hat sich die regulatorische Landschaft in den letzten Jahren verändert?

Wie in vielen anderen Branchen auch haben die bürokratischen Anforderungen im Medizinprodukte-Sektor in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Medizinprodukte müssen nun mit UDI-Codes (Unique Device Identification-Codes) gekennzeichnet werden, die der EU-Medizinprodukte-Verordnung (Medical Devices Regulation – EU-MDR) oder, wenn die Produkte für die USA hergestellt werden, den Vorschriften der FDA (Food and Drug Association) entsprechen.

Die Unterschiede zwischen den beiden Regulierungsbehörden werden an den Code-Typen deutlich. Die EU verlangt einen „UDI-DI“-Code (UDI-Device Identifier) und „UDI-PI“-Code (UDI-Production Identifier), die USA hingegen nur einen „DI“-Code (Device Identifier) und „PI“-Code (Production Identifier). Die Begriffe UDI-DI und DI stehen für statische Daten und die von der GS1 vergebene GTIN (Global Trade Item Number). UDI-PI und PI sind dagegen dynamische Daten und umfassen Verfallsdatum, Herstellungsdatum, Chargennummer und ggf. Seriennummern.

Durch die unterschiedlichen Codedaten lassen sich Medizinprodukte-Hersteller und andere wichtige Informationen wie Produktabmessungen und Verwendungszweck einfacher bestimmen. Sie erleichtern auch den Rückruf potenziell fehlerhafter Produkte.

Warum verändert sich die regulatorische Landschaft mit der Zeit?

Das Wohl der Patienten steht an erster Stelle. Mit der Produktregistrierung können Regulierungsbehörden – zumindest in der EU – den Markt eingrenzen. Sie haben mehr Kontrolle und einen besseren Überblick darüber, welche Produkte in Europa in welchen Mengen verkauft werden, was auch dabei hilft, das Problem der Produktfälschungen in den Griff zu bekommen. Die Weiterentwicklung der regulatorischen Kontrollen erleichtert außerdem effiziente Rückrufverfahren, wenn einmal etwas schiefgeht. Erweiterte Vorschriften werden letztlich immer zum Wohl der Patienten vorgenommen.

Hat die Regulierung Nachteile?

Es besteht kein Zweifel, dass erweiterte Vorschriften zum Schutz der Patienten beitragen, aber es gibt auch Nachteile. Diese werden derzeit bei der Umsetzung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (EU-MDR) in Europa deutlich. Die neue Vorschrift besagt, dass jeder Hersteller und jedes Produkt von einer Benannten Stelle auditiert und zugelassen werden müssen. Von 57 Benannten Stellen haben zum jetzigen Zeitpunkt nur 38 eine neue Akkreditierung durch die EU beantragt. Von diesen 38 Benannten Stellen haben nur 13 (u. a. BSI, TÜV Süd, IQM und Dekra) eine Akkreditierung erhalten; weitere werden folgen.

Dies hat zu einem enormen Rückstand bei Herstellern und Produkten geführt, die auf ihre Zulassung warten – etwa 2 Millionen. Hersteller, Lieferanten und Start-ups, die wegen der fehlenden Auditierung neue oder aktualisierte Produkte nicht auf den Markt bringen können, geraten damit erheblich unter Druck. Konkret bedeutet dies eine ganz reale Bedrohung der finanziellen Situation vieler Hersteller, die das in die Produktentwicklung investierte Geld nicht schnell genug zurückgewinnen können.

Die regulatorische Landschaft birgt auch die Gefahr, dass der Innovationssektor regelrecht ausgehungert wird. Einige Hersteller – darunter viele Start-ups – haben durchaus Interesse am Medizinprodukte-Sektor, halten diesen aber wegen der langen Markteinführungszeiten für finanziell nicht tragfähig. Diese Risiken ersticken das Angebot an innovativen neuen Produkten in diesem Sektor, was sich nachteilig auf das Gesundheitswesen auswirken könnte.

Weitere Länder werden Vorschriften für Medizinprodukte erlassen

Viele Länder sind im Begriff eigene Vorschriften für Medizinprodukte zu erlassen, darunter Südkorea, Indien, Brasilien, China, Neuseeland, Kanada, Kolumbien, Saudi-Arabien und die Türkei. Das ist eine große Chance für Hersteller, die gut darauf vorbereitet sind, dem Medizinsektor bei den nötigen Anpassungen zu helfen. 

Die russische Krypto-Code-Gesetzgebung ist bereits am 1. Juli 2020 in Kraft getreten und fordert einen 2D-Code auf Medizintechnikprodukten und Fast Consumer Goods. 

Globale Serialisierungsanforderungen

Weniger gefälschte Produkte

Viele Länder wissen einfach nicht, wie viele Medizinprodukte in ihrem Medizinsektor eingesetzt werden. In Deutschland zum Beispiel liegt die Zahl zwischen 800.000 und 1,5 Millionen – das ist eine riesige Bandbreite und niemand weiß, ob es nicht noch mehr sind. Dies öffnet Produktfälschern die Tür zum Markt und stellt ein großes Risiko für die Sicherheit der Patienten dar. In Zukunft muss jedes Produkt auditiert, zugelassen, protokolliert und nachverfolgt werden – von der Produktion bis zum Patienten. Dadurch werden die Risiken, die von gefälschten Medikamenten und Produkten ausgehen, drastisch verringert.

Intelligentere Lieferketten

Dank eindeutiger Produktkennungen besteht keine Gefahr mehr, dass Mitarbeiter im Gesundheitswesen falsche Produkte bestellen. Die Mitarbeiter wissen genau, was sie von welchem Hersteller erhalten, und der Verbleib der einzelnen Produkte auf ihrem Weg durch die Lieferkette kann präzise nachverfolgt werden.

Intelligentere Bestandsverwaltung und Beschaffung

Mit eindeutigen Produktkennungen haben Krankenhäuser ihren Lagerbestand besser im Griff und können Beschaffungszyklen besser steuern. Die Anforderungen an Codierung und Datenmanagement ermöglichen einen genauen Überblick darüber, welche Bestände vorhanden sind, wie schnell bestimmte Produkte verbraucht werden und wann Ersatz bestellt werden muss.

Mehr Sicherheit für kleine mittelständische Unternehmen (KMUs)

KMUs liefern zwar 95 % der Marktprodukte, dennoch haben wahrscheinlich nur große Hersteller mit einem eigenen Rechtsteam die Gelegenheit gehabt, ihre Meinung zur EU-MDR zu äußern. Große Hersteller können sich leichter an neue Vorschriften anpassen, da sie über mehr Personal, größere Budgets und mehr Ressourcen verfügen. Für KMUs hingegen ist diese Anpassung leider besonders schwierig. In Zukunft müssen Hersteller, Technologieanbieter und Regulierungsbehörden enger zusammenarbeiten, um den KMUs die Erfüllung der geänderten Vorschriften zu erleichtern.

Digitalisierte Codierung

Die Organisation GS1, die für die Entwicklung globaler Standards für die Unternehmenskommunikation verantwortlich ist, wird derzeit als einzige Vergabestelle innerhalb der EU genutzt, was zu einer Vereinheitlichung der europäischen Gesundheitssysteme führt. Ihr Engagement im Medizinsektor hat zur Folge, dass Produkte jetzt mit zusätzlichen Daten verknüpft werden müssen und die Codes von Artikelebene bis Verkaufseinheit variieren. Für die vollständige Automatisierung der Codiervorgänge eines Unternehmens ist daher eine dynamische Codierung notwendig, bei der ein Code noch nach der Markteinführung des Produkts editiert werden kann. In einigen Ländern bietet Domino bereits Lösungen für GS1 an.

Wird die Life-Sciences-Industrie von den Veränderungen profitieren?

Es besteht wenig Zweifel daran, dass Änderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen Herstellern und Lieferanten große Kopfschmerzen bereiten können. Doch es gibt auch Chancen: Mehr Vertrauen in den Sektor, intelligentere Lieferketten und eine effizientere Beschaffung. Und der größte Vorteil? Verbesserte Patientensicherheit und Rückrufverfahren.

Haben Sie noch Fragen? Wir helfen Ihnen gerne weiter.

Wir sind nicht nur Hersteller von Codier-, Markier- und Etikettiersystemen, die der Medizinproduktesektor für die Kennzeichnung seiner Produkte benötigt. Wir beraten Sie auch mit einem tiefgreifenden und umfassenden Verständnis der regulatorischen Landschaft und bieten bei Bedarf Schulungen an, um Ihr Unternehmen auf die Zukunft vorzubereiten.

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